Annette Schröder

Von schamanischer Anderswelt und der Realität im Hier und Jetzt :

Reise nach NIFLHEIM

Seit vielen Jahren arbeite ich nun auf schamanische Weise und reise in die nicht-alltägliche Wirklichkeit, Anderswelt oder wie auch immer man es nennen mag. Meinen Hintergrund bildet dabei der Weltenbaum und die 9 Welten der germanischen Mythologie. Wenn ich dorthin reise, je nach Fragestellung in die eine oder andere „Welt“, finde ich Antworten oder tue Dinge, die sich später in der realen Welt „manifestieren“ oder Wirkung zeigen. Soweit ganz „normales“ schamanisch orientiertes Leben. Über die Art und Weise „wie“ das funktioniert habe ich mir wenig Gedanken gemacht. Klar es gibt Quantenphysik, morphogenetische Felder, Nahtodberichte, usw. ... Wichtig war und ist mir aber nur, dass es funktioniert. Das „Wie“ spielt dabei nur für den Verstand eine Rolle, nicht aber für das Herz oder die Intuition, die „Wissen“ längst, was die Wissenschaft vielleicht niemals wird lückenlos erklären können.

Gelegentlich führt mich meine innere Reise in die untere Welt, tief hinab nach Niflheim. Dort werden mir häufig Seelenteilen von Menschen gezeigt, die im realen Leben wie „eingefroren“ wirken und stark in Depressionen oder anderen sehr unbeweglichen Zuständen gefangen sind und sich wie im ewigen Eis (scheinbar) nicht alleine heraus bewegen können.

Ich nehme diese Seelenteile als Säulen aus Stein oder Eis war, die teils im Schnee, teils im Wasser stehend, manche durchscheinend, so dass man den „Menschen“ im Inneren erkennen kann, oft aber trübe und beinahe undurchsichtig. Die steinernen sind am längsten dort und am schwersten zu erkennen und zu erreichen.

Manchmal ist es meine Aufgabe, etwas von der eisigen/steinigen Hülle zu beseitigen, damit eine Bewegung von alleine möglich wird, manchmal soll ich auch nur wahrnehmen und den Zustand erkennen, ohne eingreifen zu dürfen oder zu können. Meine Wahrnehmungen spiegeln dann dem „Klienten“ seinen Seelenzustand und er/sie kann selber entscheiden, was als nächstes zu tun ist. Oft löst das Erkennen des eigenen Zustandes bereits eine Veränderung und auch Bewegung aus, die sich bei einer späteren weiteren Reise nach Niflheim, dann deutlich sehen lässt. Meist vergeht viel Zeit, bis wirklich die Säule beweglich wird und Niflheim verlässt, denn es steht jedem Seelenteil frei, Niflheim jederzeit wieder zu verlassen, einzige Bedingung der Kräfte, die dort herrschen ist, dass sie sich selber bewegen müssen und von alleine gehen. Ich kann sie nicht einfach mitnehmen, dass würden die eisigen Kräfte dort verhindern. Das widerspräche auch dem tiefer liegenden Sinn dieses „Zustandes“, denn es würde dem Klienten seinen Prozess ersparen, ohne den er nicht lernen und sich entwickeln kann.

Niflheim selbst erlebe ich dabei zumeist als kalte, neblige, eisige, dämmerige, weiße, graue, stille, lebensfeindliche Welt, auch ein wenig unheimlich und doch von starker Kraft und Anziehung. Eine Urwelt, wie sie seit Anbeginn der Zeiten existieren mag. Entstanden durch raue Kräfte, Abgespalten bei Entstehung der lebensfreundlicheren Welten.

Niflheim ist schwer zu erreichen und man läuft selber leicht Gefahr, dort festzufrieren oder zu erstarren sowohl vor Kälte als auch gelegentlich vor Grauen vor dem, was man dort wahrnehmen kann. Meine Krafttiere begleiten mich deshalb auch nur ungern dorthin, weil sie es stets für gefährlich halten, dorthin zu gehen. Doch manchmal ist es notwendig zu gehen, um mit einem Seelenteil, der sich entschieden hat dort eine Zeit zu verweilen, zu erreichen.

In Niflheim herrscht ein großer „felsiger Eisriese“, der durchaus ansprechbar und gar nicht unfreundlich ist. Er ist es nicht, der die Seelenanteile dort festhält, sondern diese haben den Ort selber gewählt. Der „Riese“ wacht nur über die Ruhe des Ortes und warnt gelegentlich auch vor den Gefahren des Erfrierens dort. Sogar bei der Suche nach bestimmten Seelen ist er behilflich, dabei ist er jedoch immer kühl und sachlich und weist nur den Weg. Niemals greift er in etwas ein, es sei denn man würde die Regeln des Ortes brechen.

Insoweit ist auch das Reisen nach Niflheim ein für mich durchaus „normaler“ schamanischer Vorgang. Bis zu meiner Reise ins Nordmeer im Sommer 2012. Dort in der Heimat „unserer“ Mythologie, habe ich tief bewegende Einblicke erhalten in die Prozesse der Reflexion oder des „Alles ist Eins“ bzw. „Wie im Innen so im Außen“.

Offensichtlich hatten die Götter beschlossen, mir eine Lehrstunde in Wahrheit und Fiktion zu erteilen und mir eine mögliche Antwort auf die Fragen: „was ist wirklich?“ zu geben und „wohin reise ich eigentlich, wenn ich in die anderen Welten reise?“.

Auf der Route per Schiff von Island in Richtung Nordost auf Spitzbergen zu, passiert man etwas oberhalb des Polarkreises auf 71 Grad und 3 Minuten Nord; 8 Grand und 14 Minuten West ein kleines vulkanisches Atoll, welchen von einem großen Vulkankrater – dem nördlichsten aktiven Vulkan der Erde - gekrönt ist: Jan Mayen mit dem Beerenberg.

Diese winzige Inselgruppe kann man normalerweise gar nicht sehen, denn sie liegt etwa 350 Tage im Jahr hinter dickem Neben verborgen.

Der Beerenberg ist der nördlichste über dem Meeresspiegel gelegene aktive Vulkan der Erde. Sein höchster Punkt liegt 2.277 m über dem Meeresniveau und ist nach dem norwegischen König Håkon VII. benannt. Die Spitze hat ein wenig etwas von einem „Götterhochsitz“, aber selbst diese Spitze ist nur selten sichtbar.

niflheim

Doch diesmal kurz vor Midsommar ereignete sich bei der Passage durchaus seltenes, mystisches, bezauberndes.

Als sich unser Schiff bei recht schlechtem Wetter und trüber Sicht näherte, lichteten sich für etwa 20 Minuten die dicken Nebel, so als wären sie von Geisterhand angehoben worden und das Atoll und der Vulkanberg wurden sichtbar. Die Sonne erschien und beleuchtete wie ein „Spotlight“ die Szene. Da lag es vor mir, in ganz mystisches, unwirkliches Licht gehüllt, Sonnenschein durch Nebel reflektiert, klare Luft, eisiges Wasser, weißer Schnee, schroffe Felsen und viele, vielen unzählige Steinsäulen: NIFLHEIM.

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Mir war das sofort klar, denn genau so und wirklich genau so hatte ich es vor meinen inneren Bildern immer gesehen. Ich hab mich kneifen lassen, um sicher zu gehen, dass ich nicht „schamanisch“ sondern ganz real reise. Mein Inneres zitterte und hüpfte zugleich beim Wieder- Erkennen des Ortes, an dem ich doch schon so oft gewesen bin und eben doch nie körperlich war und der nun so real vor mir lag, dass ich ihn sehen, fotografieren und sogar mit anderen teilen konnte. Doch der „Unkundige“ wird wohl nur eine Insel im Neben gesehen haben, Steinsäulen im Eismeer stehend, einen weißen großen Vulkanberg von unheimlicher Schönheit und kalte, klare, stille Luft. Es gab kein Geräusch, außer dem leisen Schiffsmotor. Nicht mal die Möwen kreischten dort.

U nd kaum war das Schiff am Atoll vorbei, kaum hatte ich diesen Anblick erhascht und wahrgenommen, was mir soeben präsentiert wurde, so senkte sich die Nebelwand wieder hinunter und die Insel war verschwunden und nichts war mehr zu sehen, außer

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undurchdringlichem Nebel und dickem Grau; wie unsichtbar und unauffindbar, dem menschlichen Auge entzogen.

Es war ein „magischer“ Moment, der ein wenig an Szenen aus den „Nebeln von Avalon“ erinnern mag, dort wo sich die Nebel teilen beim Nahen der „Priesterin“ und danach alles wieder den Blicken entzieht. Ich habe es gesehen, ganz real, eine der entlegensten Welten des universalen Weltenbaumes, Niflheim, manifestiert in der real existierenden Welt auf unserem Planeten.

Für mich persönlich war das eine tief bewegende und innerlich erschütternde Erkenntnis, denn das bringt meine Grenzen zwischen Hier und Dort ins Fließen.

Was wir hier dem Planeten antun, das hat Konsequenzen in dessen Spiegelungen in den Welten unserer Mythologie. Wohl nie mehr werde ich „achtlos“ an etwas vorüber gehen oder Dinge mitnehmen oder entfernen, ohne mir ganz sicher zu sein, die Konsequenzen zumindest bedacht zu haben. Ich werde mich jetzt häufiger fragen, wer wohl meine inneren Orte mit mir teilt ohne jemals von mir zu erfahren, wer womöglich dort in der „Realität“ lebt, wohin ich nur im inneren Reise. Und was überhaupt ist denn Realität, was ist wirklich? Was wir als solches wahrnehmen und erfahren? Was bedeuten schon Raum und Zeit in dem Zusammenhang?

Es gibt sie wirklich, die Welten am Baum unserer Mythologie, vielleicht fast am Ende der Welt, schwer zu erreichen, aber real existent, davon bin ich nun mehr den je überzeugt. Vielleicht als Parallelwelten nur getrennt, von unserer Wahrnehmung oder dem „Zu-Fall“, der das Sehen und Erreichen ermöglich, oder eben auch nicht.

So wie Niflheim, wohl meist im Nebel verborgen, schwer zu finden und vielleicht nur für die zu sehen, die sehen wollen oder mit dem Herzen sehen können. Aber zugänglich, wenn die Nebel sich heben und einen kurzen Einblick gewähren in eine ganz andere, innere und äußere (reale) Welt.

Hic fuit Annette, Midsommar 2012