Ulrike Pohl

Dies ist in erster Linie ein Projekt für ältere Schulkinder, aber auch für Grundschulkinder unter Mithilfe eines Erwachsenen.

Asatru ist eine Religion, in der viel Wert auf die Ehrung der Ahnen gelegt wird. Viele von uns sind davon überzeugt, daß sie uns in schweren Zeiten beistehen und helfen, wenn wir sie darum bitten. Die Ahnen, daß sind unsere Vorfahren, und nicht nur die, die vor langer Zeit gelebt haben, sondern auch die verstorbenen Großeltern oder Urgroßeltern.

Wie haben sie gelebt? Was für Berufe haben sie ausgeübt? Haben sie etwas Besonderes geleistet oder vielleicht den Gang der Geschichte mit beeinflusst?

Diese Fragen können durch die Familienforschung beantwortet werden. Die Geschichtswissenschaft nennt die Erforschung von Familienverhältnissen und den verwandtschaftlichen Beziehungen untereinander ‘Genealogie’, und reiht sie unter die sogenannten ‘Historischen Hilfswissenschaften’ ein. Unter den Familienforschern finden sich viele Menschen, die keine Historiker sind, sondern einfach nur Interesse an der Geschichte ihrer Familie haben - auch wenn diese Familie nicht adlig oder in irgendeiner Form außergewöhnlich war. Und auch wenn die Historiker diese Familienforscher manchmal belächeln, leisten sie doch wertvolle Arbeit für die Regional- und Landeskunde, die sich nicht nur für den Gang der weltbewegenden Ereignisse interessiert, sondern auch für das Leben und die Lebensbedingungen der ganz normalen Leute.

Bevor Du richtig loslegen kannst, solltest Du Dich erst einmal entscheiden: möchtest Du eine Ahnentafel erstellen oder eine Stammtafel?

Eine Ahnentafel zeigt alle Deine Vorfahren, mütterlicher- und väterlicherseits, in beliebig vielen Generationen. Du kannst sie Dir wie eine auf die Spitze gestellte Pyramide vorstellen:

Ausgangspunkt bist Du! Dann folgen Deine Eltern, deren Eltern, dann wiederum deren Eltern usw. Logischerweise verdoppelt sich die Anzahl der zu erforschenden Personen mit jeder Generation, und das macht die Sache spannend und schwierig zugleich.

Eine Stammtafel stellt alle Namensträger einer bestimmten Familie dar. Dies kann Deine Familie mütterlicherseits sein, oder väterlicherseits, je nachdem, welchen Nachnamen Du trägst. Wiederum bist Du der Ausgangspunkt (oder ‘Proband’, wie die Genealogen sagen), aber bei der Stammtafel stehst Du an der Spitze der Darstellung, wie die Krone eines Baumes, und Deine ältesten erforschten Vorfahren bilden die Wurzel: daher der Begriff ‘Stammbaum’.

Die Vorgehensweise ist aber im Grunde bei beiden, Ahnentafel und Stammtafel, gleich. Nur die Darstellung ist eben unterschiedlich.

Ich werde hier erklären, wie man eine Ahnentafel erstellt. Du brauchst am Anfang eigentlich nur Papier und Stifte! Schreibe Deinen Namen und Dein Geburtsdatum in einem Kästchen unten auf die breite Seite eines Blattes. Dieses Kästchen erhält die Nummer Eins. Rechts und links darüber schreibst Du den Namen und das Geburtsdatum Deines Vaters und Deiner Mutter. Das Kästchen Deines Vaters erhält die Nummer zwei, das Deiner Mutter die Nummer drei. Ausgehend vom Kästchen Deines Vaters schreibst Du die Namen und die Geburtsdaten und gegebenenfalls die Sterbedaten der Eltern Deines Vaters rechts und links darüber: Dein Großvater väterlicherseits erhält die Nummer vier, Deine Großmutter väterlicherseits die Nummer fünf. Die Eltern Deiner Mutter erhalten die Nummern sechs und sieben. Über jedem Kästchen stehen rechts und links darüber wiederum die Kästchen von Vater und Muter, auch wieder mit Nummern versehen.

Deine Eltern erhalten also Nummer zwei und drei, die Großeltern die Nummern vier, fünf, sechs und sieben, die Urgroßeltern die Nummern acht, neun, zehn, elf, zwölf, dreizehn, vierzehn und fünzehn und die Ururgroßeltern die Nummern sechzehn bis einunddreißig. Und so weiter.

Also: der Proband (das bist Du) erhält immer die Nummer eins, alle männlichen Vorfahren werden mit geraden Zahlen versehen, alle weiblichen Vorfahren mit ungeraden.

Diese Zahlen nennt man ‘Ahnenziffern’. Du kannst, neben einer Darstellung in Plakatform, für jeden Vorfahr eine Karteikarte anlegen und numerisch in einem Kästchen aufheben. Auf dieser Karte kannst Du Informationen notieren, die auf dem Plakat keinen Platz haben, wie zB Beruf, besondere Vorlieben oder Begabungen. Oder Hinweise auf weitere Nachforschungsmöglichkeiten.

Wenn Du also Dich, Deine Eltern und Deine Großeltern aufgelistet hast, hast Du schon drei Generationen beisammen. Das ist der leichte Teil.

Die einfachste Möglichkeit, an Informationen über Deine Urgroßeltern zu kommen, ist die Befragung Deiner Großeltern oder anderer Verwandter, die Deine Urgroßeltern kannten. Wichtig sind auch hier wieder Geburts- und Todesdatum, und wenn Du herausfinden kannst, wann Deine Urgroßeltern evtl. geheiratet haben, ist das ein großer Vorteil, wie man im weiteren Verlauf sehen kann. Vielleicht erhältst Du auch Duplikate von Fotografien oder anderer Dokumente - persönliche Schriftstücke wie Briefe oder Ausbildungsbescheinigungen, Zeitungsberichte oder Fotografien. Sehr hilfreich ist es, wenn Du Einblick in Familienpapiere erhalten kannst, in sogennante Stammbücher, in denen die personenstandsamtlichen Urkunden gesammelt sind, also Abschriften der Heiratsurkunde der betreffenden Eheleute und die Geburtsurkunden ihrer Kinder. Alle diese Urkunden haben eine Nummer, unter der man sie beim jeweiligen Standesamt archiviert hat und unter der man eine Kopie dieser Urkunde anfordern kann. Die Heiratsurkunden vom Beginn des 20. Jahrhunderts zum Beispiel enthalten viele Informationen, die für den Familienforscher wichtig sind, wie das Geburtsdatum der Eheleute oder eventuell die Sterbedaten ihrer Eltern.

Anhand des Befragens von Verwnadten und des Sammelns von Material kommt man in der Regel zurück bis etwa 1900. Jetzt wird es knifflig!

Angenommen, Du konntest Die Namen und Daten Deiner Urgroßeltern mit Hilfe Deiner Großeltern sichern und aufschreiben. An die Namen der Ururgroßeltern, also der fünften Generation, können sich die Großeltern vielleicht auch erinnern (denn das waren ja ihre Großeltern), aber vielleicht nicht daran, wann sie Geburtstag hatten oder gestorben sind.

Jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten. Wenn Du herausfinden kannst, wo Deine Ururgroßeltern zum Zeitpunkt ihres Todes gelebt haben und wenn sie einer christlichen Kirche angehörten, kannst Du beim zuständigen Pfarramt des Ortes anfragen, ob man Dir das Datum aus dem Kirchenbuch heraussucht. Schreibe einen freundlichen Brief, in dem Du Dein Anliegen darlegst und lege Rückporto bei, damit den Leuten im Pfarramt zusätzlich zu der Arbeit keine Kosten entstehen. Sehr häufig bekommt man so eine Kopie des Eintrags im Kirchenbuch oder wenigstens einen Hinweis, wo man weitersuchen oder anfragen kann, wenn das Kirchenbuch nicht mehr vorliegt.

Oder Du schreibst einen formlosen Brief an das Standesamt des Ortes, in dem die betreffende Person zum Zeitpunkt des Todes gelebt hat und bittest um eine Kopie der Sterbeurkunde. In Deutschland beginnt das Beurkunden der sogenannten ‘Personenstandsdaten’ im Jahre 1876, im linksrheinischen Gebiet bedingt durch die Besetzung durch französische Revolutionstruppen schon Ende des 18. Jahrhunderts.

Leider fallen jedoch für die Kopien der Urkunden der Standesämter Kosten an. Hier solltest Du Deine Eltern fragen, ob sie Dir aushelfen, denn sonst stehst Du vielleicht monatelang ohne Taschengeld da!

Allerdings liefert Dir die Kopie der Sterbeurkunde viele Informationen. Nicht nur das Datum des Todes, sondern in der Regel auch Geburtsdatum und -ort oder wenigstens das Alter des Verstorbenen und die Angabe, ob er oder sie verwitwet waren oder ein Ehepartner zurückblieb. Und wenn Du das Geburtsdatum und den Geburtsort weisst, kannst Du anhand dieser Information die Geburtsurkunde anfordern und hast die Namen der Eltern, bist also schon wieder eine Generation weiter!

Dies ist im Großen und Ganzen die Vorgehensweise des Genealogen. Schritt für Schritt erarbeitet man sich den Zugang zu Informationen: vom Sterbedatum auf das Geburtsdatum, dann hat man den Namen der Eltern. Anhand des Geburtstsdatums des Kindes kann man evtl. eine Rückschluß auf die Eheschließung der Eltern ziehen, und durch die Heiratsurkunde erfährt man, wann die Eheleute geboren wurden. So wiederum erfährt man den Namen der Eltern der Eheleute. Und so weiter.

Vielleicht solltest Du Dir für den Anfang erst einmal vier oder fünf Generationen vornehmen. Wenn Du Glück hast, bekommst Du die entsprechenden Daten ohne allzuviele Probleme zusammen. Und wenn Du Kopien von Fotografien hast, kannst Du auf einem großen Blatt Kartonpapier eine richtige Ahnentafel mit Namen und Foto erstellen.

Und möglicherweise bekommst Du ja Lust, noch weiter in die Vergangenheit herabzusteigen? Manchmal erklärt sich auch schon anhand weniger Generationen, aus welcher Familienlinie Du zum Beispiel Dein musikalisches Talent geerbt hast. Kommt ein Vorname häufig in Eurer Familie vor ? Wurden Berufe besonders häufig ausgeübt? Die Familienforschung kann Aufschluß darüber geben und vermittelt uns ein Bild darüber, wie die Lebensbedingungen unserer jüngeren Ahnen waren. So erwerben wir uns ein besseres Verständnis für sie und können ihre Lebensleistungen besser würdigen.